Österreicher in der US-Armee im Zweiten Weltkrieg

„Ich sah keinen Ausweg, die Naziherrschaft zu beenden, als durch Krieg“ – Österreicher in der US-Armee des Zweiten Weltkriegs: Online-Kurzbiografien und Zahlen (Phase 1)

Wohl 6.000 bis 7.000 (Exil-)Österreicher kämpften oder dienten im Zweiten Weltkrieg als „refugee soldiers“ in der US-Armee. Diese Zahlen erhalten nun ein namentliches und biografisches Gesicht und werden in einer umfassenden Online-Datenbank und -Dokumentation der Kurzbiografien (in Deutsch & Englisch) schrittweise erfasst.

„Ich sah keinen Ausweg, die Naziherrschaft zu beenden, als durch Krieg“

Wie der hier zitierte, „verhinderte Pazifist“ und jüdische Zwangsmigrant aus Wien, Alfred Diamant, kämpften wohl mindestens weitere 6.000 Österreicher in der US-Armee des Zweiten Weltkriegs in der US-Armee. Als – meist rasch amerikanisierte – Flüchtlingssoldaten leisteten diese „38er“ auf der Seite der amerikanischen „Anlehnungsmacht“ (Peter Steinbach) einen oft opferreichen Beitrag zum militärischen „Widerstand von außen“ gegen den Nationalsozialismus und zur Befreiung und Wiedererrichtung des demokratischen Österreichs.

Im Zuge des „memory boom“ seit der Jahrtausendwende besteht ein ständig steigender Bedarf nach dem historischen Erzählen und Dokumentieren dieser Lebensgeschichten. Es ist ein hohes Interesse am Exilwiderstand bzw. am Kampf von ehemaligen Österreichern auf Seiten der USA festzustellen – auch aus Sicht breiterer Bevölkerungsschichten dies- und jenseits des Atlantiks. Gesellschaftspolitisch besonders wichtig ist die Tatsache, dass die 15jährige Forschungstätigkeit von Projektleiter Florian Traussnig mittlerweile konkrete Bedeutung für das Leben und die Identität der Nachkommen von Exilösterreichern und Vertriebenen, die in der US-Armee und anderen US-Kriegsinstitutionen mithalfen, Österreich als demokratische Republik wieder herzustellen, hat: Die Nachfahren vertriebener Opfer des nationalsozialistischen Terrors können seit der jüngsten Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes unbürokratisch österreichische Bürger werden. Auf Basis jahrzehntelang gesammelter Archivquellen, Dokumente und Literatur werden in Phase 1 des Gesamtprojekts rund 1.100 (von insgesamt zirka 6.000) Österreichern in US-Armee des Zweiten Weltkriegs dokumentiert. Die Namen und lebensgeschichtlichen Grunddaten dieser (meist rund um den „Anschluss“ geflohenen) Österreicher werden dabei schrittweise erhoben und in eine Datenbank eingespielt; im Sinne eines „work in progress“ laufend erstellte, kurze Exil- bzw. Kriegsbiografien verleihen diesen Namen schließlich ein biografisches Gesicht und werden in einer „wachsenden“ Online-Biografiesammlung veröffentlicht: frei zugänglich und bilingual in Deutsch & Englisch. Das Nachfolgeprojekt (Phase 2) wird die gesamte Kohorte „der 6.000“ systematisch aufarbeiten und in einer möglichst vollständigen Datenbank- und Kurzbiografiesammlung sowie einem interdisziplinären Sammelband münden.

Das biografische Online-Projekt zu exilösterreichischen US-Soldaten wird im am Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Graz durchgeführt, durchgeführt, vom Zukunftsfonds der Republik Österreich gefördert und vom Land Niederösterreich unterstützt, beim Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus wird ebenfalls um Fördermittel eingereicht.  Das Center for Inter-American Studies der Uni Graz und das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands sind unterstützende Kooperationspartner (Projektleitung: Florian Traussnig)

Einführende Literatur:

Florian Traussnig, Militärischer Widerstand von außen. Österreicher in US-Armee und Kriegsgeheimdienst im Zweiten Weltkrieg. Wien: 2016. Mehr zum Buch hier

Einblick in die US-Ausstellung „Exile Soldiers“
a. Soldaten des 101st (Austrian) Battalion der U.S. Army in Camp Atterbury, Indiana, 1942 oder 1943 (c) Family of B. Benge
b. Der Exilösterreicher, US-Soldat und Kriegsgeheeimdienstmitarbeiter Fred Lorenz (l.) als Rundfunkpropagandist in Luxemburg, 1944 (c) NARA