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06 März 2025 von lbik

Die Polizei im Nationalsozialismus: Ein Beitrag zur Erinnerungskultur

Am 5. März 2025 zeigte sich erneut in Graz das hohe Interesse an der kritischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit.

Das Gedenkjahr 2025 – 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges, 70 Jahre Abschluss des Staatsvertrages – bietet einen besonderen Anlass, sich intensiv mit der Zeitgeschichte auseinanderzusetzen und Schlüsse für die Gegenwart sowie Zukunft zu ziehen. Bereits die vorangegangenen Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung „Hitlers Exekutive. Die österreichische Polizei und der Nationalsozialismus“ im GrazMuseum fanden großen Anklang. Auch die Finissage mit der Podiumsdiskussion zum Thema „Gestapo-Zentrale Graz. Zum Umgang mit dem kontaminierten Erbe“, bei der Expert:innen sowie interessierte Besucher:innen sich über die historische Aufarbeitung und den heutigen Umgang mit diesem schwierigen Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte austauschen, stieß auf großes Interesse.

Sibylle Dienesch, Direktorin des GrazMuseums, begrüßte die Gäste und hob die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hervor: Museen sind Orte des Erinnerns. Die Auseinandersetzung mit dem was war, insbesondere auch mit den dunklen Kapiteln unserer Geschichte, bildet eine wichtige Basis für das Verständnis der Gegenwart und für die Gestaltung unserer Zukunft.“

Barbara Stelzl-Marx, Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung und Professorin für Europäische Zeitgeschichte, betonte bei der Begrüßung, „dass die Spuren des NS-Systems häufig auf den ersten Blick unsichtbar, aber eingebrannt in die Biografien, Landschafen und Gebäude sind. Gerade die ehemalige Gestapo-Zentrale Graz ist ein Kristallisationspunkt von Hitlers Exekutive.“

Unter der Moderation von Martin Haidinger (Ö1) diskutierten Christine Dornaus, Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft, Joachim Huber, Landespolizeidirektor-Stellvertreter Steiermark, Markus Roschitz, Historiker an der Universität Graz, Martina Zerovnik, Kuratorin der Ausstellung, und Barbara Stelzl-Marx, Projektleiterin, über den Umgang mit dem Erbe der ehemaligen Gestapo-Zentrale.

Bald nach dem „Anschluss“ wurde am Parkring 4 das Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei eingerichtet. Heute ist dieser Ort des NS-Terrors auf den ersten Blick unsichtbar geworden, weitestgehend vergessen. Im Innenhof des Polizeianhaltezentrums Paulustorgasse erinnert lediglich eine kleine Gedenktafel an die Opfer der Gestapo in Graz. Im Rahmen der Finissage wurde die Frage erörtert, welche Spuren die Gestapo-Zentrale hinterlassen hat und wie mit diesem kontaminierten Erbe umgegangen werden soll.

Aktuell führt das BIK ein von der Bundesimmobiliengesellschaft gefördertes Forschungsprojekt über „Kontaminierte Gebäude“ durch, zu dem auch der Gebäudekomplex am Parkring 4 beziehungsweise in der angrenzenden Paulustorgasse zählen.

Christine Dornaus betonte: „Als BIG übernehmen wir umfassende Verantwortung für unsere Häuser. Das betrifft selbstverständlich bauliche Aspekte wie die gezielte Modernisierung und Dekarbonisierung unserer Bestandsgebäude. Gleichzeitig haben wir auch die große gesellschaftliche Verpflichtung, uns mit der Geschichte unserer Häuser auseinanderzusetzen. Das Forschungsprojekt „Kontaminiertes Erbe?“ ist ein weiterer wichtiger Schritt, diese Verantwortung wahrzunehmen.“

Viele Fragen drehten sich um die Verantwortung des Staates und der Gesellschaft. Joachim Huber unterstrich die besondere Verantwortung der Polizei: „Die Geschichte der Exekutive im Nationalsozialismus zeigt, wie staatliche Macht missbraucht werden kann. Daher trägt die Polizei eine besondere Verantwortung, aus ihrer Geschichte zu lernen, demokratische Werte aktiv zu schützen und eine rechtsstaatliche sowie menschenrechtskonforme Polizeiarbeit zu gewährleisten.“

Markus Rieger-Roschitz ergänzte: „Die Erforschung der Polizei im Nationalsozialismus zeigt nicht nur ihr Mitwirken an Verbrechen, sondern auch individuelle Handlungsspielräume. Widerstand in der Polizei war selten, aber er hat existiert.“

„Mit der Ausstellung wollen wir nicht nur historische Fakten präsentieren, sondern auch Fragen zu Verantwortung, Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand aufwerfen – Fragen, die bis heute relevant sind.“, hob Martina Zerovnik hervor.

Abschließend resümierte Barbara Stelzl-Marx: „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Polizei ist kein abgeschlossenes Kapitel, sondern ein fortwährender Prozess.“

Diese Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Bildungsforum Mariatrost statt.

Die Ausstellung „Hitlers Exekutive“ ist ein zentrales Ergebnis des Forschungsprojekts „Die Polizei in Österreich: Brüche und Kontinuitäten 1938–1945“, das unter der Leitung von Barbara Stelzl-Marx durchgeführt wurde. Das zweijährige Projekt, gefördert vom Bundesministerium für Inneres, wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Graz, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, dem Mauthausen Memorial und dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung realisiert. Es beleuchtet die Rolle der österreichischen Polizei im NS-Regime, ihre Verstrickung in Kriegsverbrechen sowie die juristische Aufarbeitung nach 1945.

Mit diesem erfolgreichen Abschluss im GrazMuseum geht die Ausstellung nun weiter nach Klagenfurt ins kärnten.museum Klagenfurt, wo sie weiterhin zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit anregen wird.

a. v.l.n.r.: Markus Rieger-Roschitz, Joachim Huber, Martina Zerovnik, Barbara Stelzl-Marx, Sibylle Dienesch, Christine Dornaus, Martin Haidinger, Kathrin Karloff (Bildungsforum Mariatrost), Foto: BIK/Malikova

Führung durch die Ausstellung und Finissage

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