Facettenreiche BIK-Beiträge bei Grazer Camps Conference
Bei der internationalen, englischsprachigen Konferenz „Camps, (In)justice, and Solidarity in the Americas“ waren unsere Mitarbeiter gleich mehrfach vertreten.
Etwa im im KULTUM Graz, wo im Beisein von drei ehemaligen Häftlingen des Guantánamo-Lagers der Diskurskurator des Hauses und unser Institutsmitarbeiter Florian Traussnig gemeinsam mit Univ. Prof. Roberta Maierhofer zu einem regionalen Panel über Lager in Österreich lud.
Die vom Historiker Christian Cwik moderierte Veranstaltung eröffnete BIK-Mitarbeiter Philipp Lesiak mit dem Vortrag The Mauthausen Concentration Camp System and its Ramifications in Styria. „The National Socialist KZ System was the most enigmatic system of camps in history“, meinte der Historiker über das ebenso zynische wie schwer durchschaubare Mauthausen-System und seine Auswirkungen in der Steiermark. Auch wenn vielfach wenig Bewusstsein über den Holocaust vor unserer Haustüre besteht, wies Lesiak auf gelungene gedächtnispolitische Beispiele wie das Lager Liebenau in Graz hin.
Dieter Bacher (BIK) referierte im Anschluss über Encampment in the Soviet Occupation Zone in Austria. Current State of Research and New Approaches und skizzierte ein Forschungsprojekt in seiner Anfangsphase: „We hardly know anything about the camps of the Soviet zone of occupation – until today“ meinte er mit Blick auf Lager in der sowjetischen Besatzungszone Österreichs. Bacher hob explizit die Bedeutung von regionalen Archiven, persönlichen Erinnerungen und den Interaktionen mit der sozialen Sphäre rund ums Camp für das Projekt hervor.
Florian Traussnig sprach im Rahmen der Konferenz tags darauf über das 2.800 Meter hoch gelegene Ausbildungslager der US-Armee in Camp Hale in Colorado während des Zweiten Weltkriegs. Er ging dabei vor allem auf kulturwissenschaftliche und identitätsbezogene Fragen ein: „By integrating American myths in their ‚unit history‘ and by juxtaposing the former with imported European alpine myths of famous (refugee) skiers in their division, the soldiers of Camp Hale could shape their identity as individualistic ‚mountain warrriors’“, so Traussnig. Er schilderte auch die Entstehung, Probleme und Spannungsfelder sowie die Rolle von exilösterreichischen Flüchtlingen in diesem sehr speziellen Camp der US-Gebirgstruppen.
In einem anderen Panel referierte Institutsmitarbeiterin Andrea Strutz über den teils repressiven Umgang mit italienischen Jüdinnen und Juden in kanadischen Internierungslagern des Zweiten Weltkriegs. „The internees were given prisoner of war uniforms, […] with a red patch on the back, for being a shooting target if they flee“. Die Betroffenen waren Menschen wie der Mediziner Guido Cantoni, der aufgrund des „Rassenmanifests“ Italien 1938 verließ, um später als potentiell gefährlicher „enemy alien“ in einem Internierungslager nahe von Montreal zu landen. Strutz ging auch auf die (produktiven) Nachkriegswege von Exilanten wie Guido Cantoni ein.