Österreicher als Täter des NS-Regimes

Projekt „Wie hoch war der Anteil von Österreichern an den nationalsozialistischen Tätern?“

Dieses Projekt wird seit 2019 am Institut für Geschichte der Universität Graz in Kooperation mit den Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung durchgeführt. Die Projektleitung obliegt Barbara Stelzl-Marx, Kurt Bauer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projektes. Das Projekt wird vom Zukunftsfonds der Republik Österreich (Projekt-Nr. P19-3671) gefördert

Zum Projekt:

Jahrzehntelang bestimmte die „Opferthese“ Österreichs Position zum Nationalsozialismus. Man sah sich als erstes Opfer der Angriffspolitik Hitlers. In Opposition zu diesem zweifelhaften offiziösen Standpunkt entwickelte sich ab den späteren 1960er Jahren eine Art „Täterthese“, wonach Österreicher in überdurchschnittlichem Ausmaß an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt gewesen seien. Diese These geht auf ein 1966 verfasstes Memorandum des in der Öffentlichkeit als „Nazi-Jäger“ bekannten Simon Wiesenthal zurück. Er stellte darin u. a. fest, dass der Anteil der NS-Täter aus Österreich prozentual wesentlich höher liege als der Anteil der österreichischen Bevölkerung am Großdeutschen Reich.

Von Wiesenthal ausgehend, wurde und wird in der Literatur immer wieder kolportiert, Österreich habe einen weit über dem Bevölkerungsanteil der „Ostmark“ am Großdeutschen Reich liegenden Anteil an nationalsozialistischen Tätern gestellt. Allerdings geriet auch diese längere Zeit akzeptierte oder zumindest stillschweigend hingenommene „Täterthese“ ungefähr ab dem Jahr 2000 in die öffentliche Diskussion und wurde zunehmend angezweifelt.

Ziel des Projektes ist es, erstens den aktuellen Forschungsstand zu evaluieren, zweitens anhand der Sekundäranalyse von in Fachpublikationen zu findenden Auflistungen von NS-Tätern und drittens der Auswertung von originalen Quellenbeständen weitere Datenerhebungen und -auswertungen durchzuführen, um dadurch zur Klärung der strittigen Frage beizutragen.

a. Ernst Kaltenbrunner, hochrangiger SS-Funktionär und von 1943 bis Kriegsende Chef der Sicherheitspolizei und des SD sowie Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). 1946 im Zuge der Nürnberger Prozesse zum Tod verurteilt. Foto: E. Kienast (Hg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938, IV. Wahlperiode, R. v. Decker´s Verlag, G. Schenck, Berlin 1938, gemeinfrei.